Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei der Festsetzung von Elternbeiträgen für Kindertageseinrichtungen (u. a. in Bonn, Leverkusen und Wesseling)

SteuererklärungDie meisten Gemeinden – auch im Rheinland – erheben für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen Teilnahme- oder Kostenbeiträge, die sog. „Elternbeiträge“ (vgl. § 23 Abs. 1 des Kinderbildungsgesetzes [KiBiz]). Die Höhe dieser Elternbeiträge hängt zumeist ganz wesentlich von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern des betreuten Kindes ab. Hierzu verweisen die einschlägigen Beitragssatzungen regelmäßig auf die „Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)“. Seit einer Änderung des Einkommensteuerrechts zum Jahr 2012 war unklar, ob Kosten für die Betreuung von Kindern bei der Berechnung der Einkünfte noch berücksichtigt werden können, also etwa die Elternbeiträge selbst, aber auch andere Kinderbetreuungskosten (Kosten für private Betreuungseinrichtungen, Tagesmütter usw.). Mit Urteil vom 7. April 2014 (Az. 19 K 5817/13) hat das Verwaltungsgericht Köln diese Frage bejaht. Das kann für betroffene Eltern erhebliche – positive – Auswirkungen auf die Höhe der von ihnen zu entrichtenden Elternbeiträge haben.

Bis zum Jahr 20111 konnten Kinderbetreuungskosten nach § 9c Abs. 2 S. 4 EStG (alter Fassung = a. F.) in der Einkommensteuererklärung zum einen als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Als solche vermindern sie das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG), nicht aber die Einkünfte, auf die es für die Festlegung der Elternbeiträge ankommt. Waren die Kinderbetreuungskosten erwerbsbedingt, bedurfte das Kind also der Fremdbetreuung, weil die Eltern berufstätig sind, konnten die Kinderbetreuungskosten aber auch in einer Weise berücksichtigt werden, die zu einer Verminderung der Einkünfte führte, nämlich entweder (etwa bei Gewerbetreibenden und Selbständigen) wie Betriebsausgaben (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 9c Abs. 1 EStG a. F.) oder (etwa bei abhängig Beschäftigten) wie Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m § 9c Abs. 1 EStG a. F.). Diese zweite Möglichkeit hatte zur Folge, dass die auf dieser Grundlage berechneten Elternbeiträge niedriger ausfielen als bei einer Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten (lediglich) als Sonderausgaben.

Um das an einem Beispiel anhand der Anlage zu § 3 der Satzung zur Erhebung von Elternbeiträgen für die Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen im Stadtgebiet der Bundesstadt Bonn vom 31. Mai 2010 i. d. F. der Änderung vom 19. September 2011 zu verdeutlichen: Eltern, deren Einkünfte (im Übrigen) 51.000 Euro im Jahr betragen, würden nach dieser Satzung für die Betreuung eines Kindes unter drei Jahren im Umfang von 45 Wochenstunden einen monatlichen Elternbeitrag von 305 Euro entrichten müssen. Sie hätten im Jahr also Kinderbetreuungskosten in Höhe von 3.660 Euro. Diese wären nach § 9c EStG a. F. in Höhe von zwei Dritteln2 zu berücksichtigen, im Beispiel also in Höhe von 2.440 Euro. Bleiben die Einkünfte ansonsten unverändert, hätten die betreffenden Eltern durch die Berücksichtigung dieser Kinderbetreuungskosten nur noch Einkünfte in Höhe von 51.000 Euro – 2.440 Euro = 48.560 Euro. Damit würden sie jedenfalls für das Folgejahr in eine niedrigere Beitragsstufe fallen, so dass sich der Elternbeitrag auf 230 Euro im Monat reduzieren würde. Für das gesamte Jahr ergäbe sich somit eine Ersparnis von immerhin 900 Euro.

Durch eine Änderung des Einkommensteuerrechts zum Jahr 2012 ist allerdings die Möglichkeit entfallen, Kinderbetreuungskosten wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten unmittelbar bei der Berechnung der Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 EStG abzuziehen. Stattdessen sieht § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nunmehr nur noch die Berücksichtigung als Sonderausgaben vor. Das hat zur Folge, dass sich zwar das zu versteuernde Einkommen entsprechend verringert, nicht aber die Einkünfte, auf die es nach den entsprechenden Satzungsregelungen für die Bemessung der Elternbeiträge ankommt. Das Verwaltungsgericht Köln hat nunmehr in seinem Urteil vom 7. April 2014 (Az. 19 K 5817/13) allerdings entschieden, dass diese Rechtsänderung für die Bemessung der Elternbeiträge ohne Bedeutung ist, wenn die einschlägige Beitragssatzung vor Wirksamwerden der Änderung in Kraft getreten ist und nicht erkennbar auf die jeweils aktuelle Fassung des Einkommensteuergesetzes verweist (Rn. 25).

Ohne eine solche dynamische Verweisung komme es nämlich auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Fassung des Einkommensteuergesetzes an, das vor 2012 aber die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bereits bei der Ermittlung der Einkünfte zuließ. Damit sind in diesen Fällen die Kinderbetreuungskosten auch weiterhin bei der Festlegung der Elternbeiträge zugunsten der Eltern zu berücksichtigen. Das betrifft eine Vielzahl von Elternbeitragssatzungen im Rheinland (und Umgebung). Neben der Bonner Satzung, auf deren Grundlage das obige Beispiel gebildet wurde und die auch der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zugrunde lag, finden sich entsprechende Verweisungen auf das Einkommensteuerrecht u. a. auch in

Aufgrund seines rechtlichen Ansatzes musste das Verwaltungsgericht Köln nicht entscheiden, was bei einer dynamischen Verweisung auf die aktuelle Fassung des Einkommensteuergesetzes gelten würde. Erst recht nicht hat es entschieden, was bei einer nach 2012 in Kraft getretenen Satzung gilt, die nur auf die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG verweist. In diesen Fällen könnte § 2 Abs. 5a S. 2 EStG entscheidende Bedeutung zukommen. Die Vorschrift lautet:

„Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.“

Es spricht einiges dafür, dass dies auch Satzungsregelungen erfasst, die als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung von Elternbeiträgen an die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG anknüpfen. Obwohl bei der Berechnung dieser Einkünfte Kinderbetreuungskosten eigentlich nicht mehr zu berücksichtigen sind, wären sie dann nach § 2 Abs. 5a S. 2 EStG doch abzuziehen. Ausweislich des Tatbestands in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln hatte sich die dort beklagte Bundesstadt Bonn allerdings auf den Standpunkt gestellt, dass der Einkommensbegriff nach Beitragsrecht nicht an den steuerlichen Einkommensbegriff anknüpfe, sondern ihn autonom verwende. Es steht deshalb zu erwarten, dass zumindest einige Gemeinden auch in Zukunft diese oder eine entsprechende Linie vertreten und für neuere Satzungen oder im Falle einer dynamischen Verweisung Kinderbetreuungskosten nicht berücksichtigen werden.

Die skizzierte Auffassung der Stadt Bonn erscheint aber schon mit Blick auf den Wortlaut von § 2 Abs. 5a S. 2 EStG zweifelhaft. Auch die einschlägigen Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass selbst bei einer Verweisung auf das Einkommensteuerrecht ab dem Jahr 2012 Kinderbetreuungskosten bei der Berechnung der Einkünfte abziehbar bleiben. Denn die Regelung erfolgte namentlich mit Blick auf Vorschriften außerhalb des Steuerrechts, die „an steuerliche Einkommensbegriffe anknüpfen, wie z. B. § 14 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes„.3 Gerade in jener beispielhaft genannten Vorschrift wird – wie auch in den betreffenden Beitragssatzungen – auf die „Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes“ abgestellt. Durch die Regelung in § 2 Abs. 5a S. 2 EStG sollten ausdrücklich die dargestellten „Auswirkungen auf außersteuerliche Rechtsnormen vermieden“ werden.4 Der Bundesgesetzgeber hat die Berücksichtigungsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten bei der Berechnung der „Einkünfte“ daher nur unter der Voraussetzung abgeschafft, dass dies auf außersteuerrechtliche Rechtsnormen keine Auswirkungen hat. Es ist nicht ersichtlich, wie die Annahme einer „autonomen“ Anknüpfung an den Begriff der „Einkünfte“ nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG damit vereinbar sein sollte. Zumindest wird man erwarten müssen, dass eine Satzung, die sich über die bundesgesetzliche Wertung hinwegsetzen möchte, ausdrücklich die Nichtanwendung von § 2 Abs. 5a S. 2 EStG anordnet. Denn nur dann hat der Satzungsgeber deutlich gemacht, dass er zwar an die Berechnungsmethodik des Einkommensteuerrechts anknüpfen möchte, dabei aber nicht deren Geschäftsgrundlage teilen, sondern die betroffenen Familien im Vergleich zu anderen Regelungszusammenhängen schlechterstellen will.

Nachtrag 2.7.2015: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat zwischenzeitlich geklärt, dass Kinderbetreuungskosten grundsätzlich einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob es auf das frühere oder das 2012 reformierte Einkommensteuerrecht ankommt, siehe den Beitrag „Oberverwaltungsgericht Münster klärt Berücksichtigungsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten bei der Festsetzung von Elternbeiträgen“ v. 2.7.2015.

 


1. Die im Text dargestellte Rechtslage betrifft die Zeit ab 2009. Für die Zeit ab 2006 galt im Ergebnis das Gleiche. Eine vorzügliche Übersicht über die Rechtsentwicklung und Rechtslage findet sich auf der Seite zu den Kinderbetreuungskosten des Steuerlexikons von smartsteuer.
2. Höchstens aber in Höhe von 4.000 Euro.
3. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/5125, 20, 34 (zu Nr. 2 lit. a [§ 2 Absatz 5a Satz 2 – neu]).
4. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/5125, 20, 34 (zu Nr. 2 lit. a [§ 2 Absatz 5a Satz 2 – neu]).