Die Satzung der Stadt Hennef (Sieg) über die Erhebung einer Steuer auf Vergnügungen besonderer Art vom 14. Februar 2011 unterwirft in § 2 Nr. 4 „das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt“ der Besteuerung, soweit es im Stadtgebiet außerhalb von Bars, Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen erfolgt, also „zum Beispiel in Zimmervermietungen, Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen“. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung beträgt die Steuer in diesen Fällen „unabhängig von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme und der Anzahl der sexuellen Handlungen für jede/n Prostituierte/n 5,00 € pro Veranstaltungstag“ (Satz 1), wobei „für jeden Kalendermonat 25 Veranstaltungstage zugrunde gelegt“ werden (Satz 2). Weiter ist in Satz 3 die Möglichkeit eröffnet, den Nachweis zu erbringen, „dass weniger als 25 Veranstaltungstage im Kalendermonat stattgefunden haben“. In diesem Fall „wird die Steuer entsprechend der Anzahl der nachgewiesenen Veranstaltungstage festgesetzt“. Entsprechende bzw. weitgehend wortgleiche Regelungen finden sich in der Satzung der Stadt Lohmar über die Erhebung einer Steuer auf Vergnügungen besonderer Art vom 23. April 2013 (§ 1 Nr. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1).
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat allerdings bereits mehrfach Zweifel an einer solchen Pauschalierung bei Erhebung einer sog. „Sexsteuer“ angemeldet. In seinem Beschluss vom 21. August 2012 (Az. 14 B 835/12) hat es zwar einerseits erwogen, dass „es angesichts der Schwierigkeit, den wirklichen Vergnügungsaufwand festzustellen, unbedenklich sein“ könnte, „das hier in Rede stehende Steuergut, den wirklichen Vergnügungsaufwand der sich vergnügenden Freier, bei der Prostituierten pauschal mit [im dortigen Fall:] 6,00 Euro pro Veranstaltungstag zu besteuern, obwohl der wirkliche Vergnügungsaufwand pro Tag und Prostituierter ganz erheblich differieren dürfte (‚Edelprostituierte‘ einerseits, Drogenstrichprostituierte andererseits)“ (Rn. 36). Andererseits konnte das Gericht im Rahmen der dortigen – nur überschlägigen – Prüfung aber keinen sachlichen Grund dafür erkennen, „bei der Steuerbemessung einheitlich 25 Veranstaltungstage pro Monat in Ansatz zu bringen“ (Rn. 37). Dabei verwies das Oberverwaltungsgericht auf die erheblichen Unterschiede, die insoweit zwischen Teilzeit- und Vollzeitprostituierten bestehen dürften.
Eine solche Pauschalregelung dürfte daher nach der Auffassung des Gerichts nicht durch Erwägungen der Verwaltungspraktikablität gerechtfertigt sein. Vielmehr dürfte es sich um eine vorweggenommene Schätzung im Rahmen des Besteuerungsverfahrens handeln, die mit § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b des Kommunalabgabengesetzes (KAG) für das Land Nordrhein-Westfalen i. V. m. § 162 Abs. 1 AO nicht vereinbar sei, wonach bei einer Schätzung alle hierfür bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen sind (Rn. 38). Hieran ändere auch die Möglichkeit nichts, innerhalb einer bestimmten Frist den Nachweis einer geringeren Anzahl von Veranstaltungstagen zu erbringen. Werde dieser Nachweis nicht bzw. nicht fristgerecht erbracht, müssten nach der Satzung nämlich selbst dann 25 Veranstaltungstage zugrunde gelegt werden, wenn der Steuerbehörde bekannt ist, dass in dem Kalendermonat an weniger Tagen sexuelle Dienstleistungen angeboten wurden. Das Oberverwaltungsgericht hat damit die Bedenken, die es schon in seinen Beschlüssen vom 12. April 2012 (Az. 14 B 1520/11) und vom 7. Mai 2012 (Az. 14 E 234/12) angedeutet hatte (Rn. 41 bzw. Rn. 7 ff.), bekräftigt und vertieft.
Während das Oberverwaltungsgericht Münster diese Einschätzung – soweit ersichtlich – bislang nur im Rahmen von Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und damit auf Grundlage einer nicht abschließenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung geäußert hat, ist das Verwaltungsgericht Köln auch in einem Hauptsacheverfahren und damit nach umfassender Prüfung zu demselben Ergebnis gekommen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2012 (Az. 24 K 5092/09) hat es eine vergleichbare Satzungsregelung für unvereinbar mit den genannten Vorschriften des KAG NRW und der AO und damit für nichtig erachtet (Rn. 60). Die Zugrundelegung von 25 Veranstaltungstagen pro Monat, die sich an der Erwerbszeit einer Vollzeit erwerbstätigen Prostituierten orientiert, entspreche „bei realitätsnaher Betrachtung und nach der Lebenserfahrung nicht dem Regelfall der durchschnittlichen monatlichen Betätigungsdauer einer Prostituierten“ (Rn. 70). Vielmehr sei „im Regelfall eher von einer Teilzeit- als von einer Vollzeitprostitution auszugehen“.
Diese Rechtsprechung ist uneingeschränkt auf die Satzungen der Städte Hennef und Lohmar über die Erhebung einer Steuer auf Vergnügungen besonderer Art übertragbar. Diese sehen ebenfalls eine pauschale Berechnungsgrundlage von 25 Veranstaltungstagen pro Kalendermonat vor (§ 5 Abs. 1 S. 2 bzw. § 4 Abs. 1 S. 2). Von dieser Grundlage ist zwar zugunsten der Anzahl der tatsächlichen Veranstaltungstage abzuweichen. Das setzt aber einen entsprechenden Nachweis voraus (§ 5 Abs. 1 S. 3 bzw. § 4 Abs. 1 S. 3). Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, wären die kommunalen Steuerbehörden unter Anwendung der Satzungsbestimmungen verpflichtet, von 25 Veranstaltungstagen auszugehen, selbst wenn ihnen aufgrund anderweitiger Erkenntnisse ein geringerer Umfang der Prostitutionstätigkeit bekannt ist.
Die Vorgabe, dass grundsätzlich von 25 Veranstaltungstagen pro Kalendermonat auszugehen ist, dürfte damit wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig sein. Prostituierte, die im Stadtgebiet von Hennef oder Lohmar außerhalb von Bars, Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen tätig sind, dürften daher zur Entrichtung der „besonderen“ Vergnügungssteuer nur für diejenigen Veranstaltungstage verpflichtet sein, die tatsächlich stattgefunden haben (§ 5 Abs. 1 S. 1 bzw. § 4 Abs. 1 S. 1). Sollte eine weitergehende Besteuerung auf der Grundlage der satzungsmäßigen Vorgabe von 25 Verrichtungstagen pro Kalendermonat erfolgt sein, dürften diesbezügliche Maßnahmen demgegenüber rechtswidrig sein.