Die Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt Leverkusen (lokales Archiv) i. d. F. vom 10. Dezember 2007 und die Anlage zu dieser Satzung i. d. F. vom 8. Dezember 2010 enthalten einige Sonderregelungen für die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost.
Nach § 4 Abs. 1 lit. d der Satzung bedürfen (u. a.) „Briefkästen der Deutschen Post AG“ keiner Sondernutzungserlaubnis. Damit entfällt zugleich die Gebührenpflicht, die nämlich nur für „erlaubnispflichtige Sondernutzungen“ besteht (§ 9 Abs. 1 S. 1). Öffentliche Münz- und Kartentelefone der Deutschen Telekom AG sind demgegenüber zwar – jedenfalls auf Satzungsebene – nicht von der Erlaubnispflicht befreit. Die Gebührenhöhe in der lfd. Nr. 18 des Gebührentarifs (40 Euro monatlich für die Stadtzone 1 und 13,80 Euro monatlich für die Stadtzone 2) gilt allerdings nur für „Telefonanlagen anderer Anbieter“. Ausweislich einer diesbezüglichen Erläuterung wurden die Telefonzelle der Deutschen Telekom AG nicht in den Gebührentarif aufgenommen, „da für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsfläche durch die T-Com ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über die Nutzung der öffentlichen Fläche geschlossen wurde“. Dies entspricht einer verbreiteten Handhabung, auf deren Grundlage die Deutsche Telekom AG regelmäßig in den Genuss deutlich niedrigerer Gebührensätze kommt als andere Anbieter. Ob dies auch auf die Situation in Leverkusen zutrifft, ist nicht bekannt, aber jedenfalls naheliegend.
Derartige Privilegien zugunsten der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost begegnen erheblichen rechtlichen Bedenken. Weder die Deutsche Post AG noch die Deutsche Telekom AG unterliegen derzeit spezifischen Grundversorgungsverpflichtungen. Sie müssen lediglich der Bundesnetzagentur ein ganzes bzw. halbes Jahr im Voraus mitteilen, wenn sie beabsichtigen, die (als solche freiwillige) Erbringung der sog. Universaldienstleistungen einzuschränken (§ 150 Abs. 9 TKG, § 56 PostG). Vielmehr erbringen sowohl die Deutsche Post AG als auch die Deutsche Telekom AG ihre Leistungen (jedenfalls gegenwärtig) im Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern (Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG). Die sondernutzungsrechtliche Sonderbehandlung ist daher eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung grundsätzlich gleichartiger Tatbestände bzw. Anbieter.
Die Gerichte haben einer derartigen Ungleichbehandlung bereits mehrfach die Rechtfertigung abgesprochen, namentlich für den Fall zusätzlicher Gebietsschutzregelungen in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost1 und bei einer um den Faktor 25 höheren Belastung auf Grundlage der Satzungsregeln im Vergleich mit den Bestimmungen eines solchen öffentlich-rechtlichen Vertrages2
Ob eine sondernutzungsrechtliche Privilegierung der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG zur Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung beim Angebot öffentlicher Telefonstellen bzw. Briefkästen per se rechtswidrig ist, mussten die Gerichte bislang nicht entscheiden. Die Frage ist aufgrund der Vorgaben in Art. 87f Abs. 2 GG, die eine Leistungserbringung im Wettbewerb vorsehen und die Sicherstellung einer Grundversorgung in die alleinige Kompetenz des Bundes (und nicht der Kommunen) stellen, und mit Blick auf die bundesrechtlichen Regelungen in §§ 11 ff. PostG und §§ 78 ff. TKG zur Sicherstellung des Universaldienstes zu bejahen.3
Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass jedenfalls die einseitige Befreiung der Deutschen Post AG von der Sondernutzungserlaubnispflicht in § 4 Abs. 1 lit. d der Leverkusener Sondernutzungssatzung und – je nach Inhalt des öffentlich-rechtlichen Vertrages – wohl auch die gebührenrechtliche Ungleichbehandlung zwischen der Deutschen Telekom AG und anderen Anbietern rechtswidrig sind.
Im Falle der Erlaubnisfreiheit läge die Auffassung nahe, dass das entsprechende Privileg der Deutschen Post AG hinfällig ist. Die Deutsche Post AG wäre dann verpflichtet, entsprechende Sondernutzungserlaubnisse einzuholen und Gebühren für die Sondernutzung(en) zu entrichten, wohl nach dem Auffangtatbestand zur ldf. Nr. 19 des Gebührentarifs. Ggf. ließe sich der Gleichheitsverstoß aber auch dadurch vermeiden, dass man § 4 Abs. 1 lit. d der Satzung analog auf andere Anbieter anwendet, die für ihre Briefkästen dann auch keiner Sondernutzungserlaubnis bedürften. Jedenfalls aber wäre zu erwägen, bei der Entscheidung über den Antrag anderer Postunternehmen auf Erteilung einer Sondernutzungsgenehmigung für das Aufstellen von Briefkästen grundsätzlich von einer Ermessensreduzierung auf null auszugehen. Hinsichtlich der zur Gleichbehandlung ebenfalls erforderlichen Gebührenfreiheit wäre an eine analoge Anwendung der Freistellung in § 9 Abs. 4 der Sondernutzungssatzung zu denken.
Und soweit die Deutsche Telekom AG hinsichtlich der Höhe der Sondernutzungsgebühr in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gegenüber den allgemeinen Regelungen des Gebührentarifs bessergestellt sein sollte, spricht einiges für die Unwirksamkeit des Gebührensatzes in lfd. Nr. 18 des Tarifs, jedenfalls soweit dieser die vertraglich vorgesehene Gebührenhöhe übersteigt.
Selbst wenn sich aber die Ungleichbehandlung zwischen der Deutschen Telekom AG und anderen Telekommunikationsunternehmen als rechtmäßig erweisen sollte, bestünden erhebliche Bedenken gegen die in der lfd. Nr. 18 des Gebührentarifs enthaltene Gebührenregelung. Diese ergeben sich zum einen daraus, dass der Gebührensatz für die Tarifzone 1 hier beinahe das Dreifache des Gebührensatzes für die Tarifzone 2 beträgt, während der Faktor bei den anderen Tarifnummern in der Regel nur 1 bis 1,25 beträgt. Ein Sachgrund für diese deutliche Unterscheidung ist nicht erkennbar. Das gilt selbst mit Blick auf eine u. U. relativ hohe Verweildauer vor Telefonen, zumal diese angesichts der Verbreitung von Mobiltelefonen nicht mehr sonderlich häufig genutzt werden.
Und zum anderen sieht der Gebührentarif keine Reduktion für Wandtelefone vor, für die somit in Tarifzone 1 fast die dreifache Sondernutzungsgebühr anfällt wie für Warenautomaten gemäß lfd. Nr. 6 des Tarifs. Insoweit hatte bereits das Verwaltungsgericht Köln, das (seinerzeit) eine Privilegierung der Deutschen Telekom AG noch tendenziell für gerechtfertigt hielt, in seinem Urteil vom 1. Dezember 2006 (Az. 11 K 8685/04) darauf hingewiesen, dass sich der Nutzen der Allgemeinheit an öffentlichen Telefonen „in eine Gebührenreduktion für Wandtelefone im Verhältnis zu den Warenautomaten niederschlagen“ muss (Rn. 77). Auch diese Anforderung erfüllt die Sondernutzungssatzung der Stadt Leverkusen nicht.